Warum man Vollblüter bereits 2-jährig laufen lassen kann (und sollte)

Als Trainer von Galopprennpferden habe ich mich in meiner Meisterarbeit intensiv mit dem kontrovers diskutierten Thema "Das Training von 2-jährigen Vollblütern unter Berücksichtigung wirtschaftlicher Aspekte" auseinandergesetzt. Es ist ein Thema, das viele Diskussionen und Vorurteile hervorruft, insbesondere was den frühen Einsatz von Rennpferden betrifft.

 

In meinem Video aus dem Jahr 2017 habe ich das Thema bereits angesprochen und erklärt. Es wurde in der Pferdeszene zum Teil sehr intensiv diskutiert. Deshalb lohnt sich ein Klick in die Facebook-Kommentare.

Die Frühreife des Englischen Vollblüters

Englische Vollblüter sind auf Frühreife gezüchtet, vergleichbar mit Formel-1-Rennwagen. Über Jahrhunderte wurde die Zucht auf schnelle, leistungsstarke und kräftige Pferde ausgerichtet. Statistisch gesehen schließen sich die Wachstumsfugen im 26. Lebensmonat.

Herausforderungen für den Trainer

Ein Pferd richtig einzuschätzen, vor allem in jungen Jahren, ist die Herausforderung für jeden Trainer. Ein hohes Maß an Schnelligkeit und die individuellen körperlichen Eigenschaften eines jeden Pferdes müssen berücksichtigt werden.

Die Bedeutung begrenzter Starts

Die Anzahl der Starts ist entscheidend. In Deutschland ist die Teilnahme an Rennen für zweijährige Vollblüter auf maximal acht Starts begrenzt. Studien zeigen, dass diese Beschränkung dazu beiträgt, dass sich früh geborene Pferde länger halten und in ihrer Karriere erfolgreicher sind.

Zusammenspiel von Genetik und Training

Die Genetik spielt eine wichtige Rolle, aber auch das Training darf nicht vernachlässigt werden. Ein hervorragendes Pferd, das nicht ausreichend trainiert wurde, wird keine Spitzenleistungen erbringen. Die Grundvoraussetzungen müssen stimmen und die perfekte und professionelle Vorbereitung im Rennstall ist entscheidend.

Veterinärmedizinische Untersuchungen vor dem Rennen

Bevor ein zweijähriges Pferd in Deutschland an einem Rennen teilnehmen darf, muss ein Tierarzt eine umfassende Untersuchung durchführen. Bereits bei Einzug in den Rennstall muss ebenso eine tierärztliche Untersuchung klären, ob das Pferd psychisch und physisch dem Training gewachsen ist. Bei der Renntauglichkeitsuntersuchung wird besonderer Augenmerk gelegt auf klinische Anzeichen von Infektionskrankheiten, Veränderungen an den Gliedmaßen, Bewegungsanalysen sowie die Beurteilung von Kreislauf, Atmung, Haut, Augen und anderen relevanten Aspekten.

Der richtige Zeitpunkt für das Training

Ein vom Tierarzt angefertigtes Röntgenbild kann Aufschluss darüber geben, ob ein Pferd bereits für intensive Belastungen bereit ist. Die Wachstumsfuge und die Verdichtung der Gelenke sind wichtige Indikatoren. Es ist wichtig abzuwarten, bis das Pferd vollständig ausgereift ist, bevor es sein volles Potenzial entfalten kann.

Engagement für das Tierwohl: Die Arbeit der Tierwohl-Kommission von unserem Dachverband

Um das Bewusstsein im Umgang mit Vollblutpferden zu schärfen und höchste Haltungsstandards in Trainingsställen und Gestüten zu etablieren, hat unser Dachverband Deutscher Galopp e.V. eine wegweisende Initiative ergriffen. Die Tierwohlkommission unter der Leitung von Nastasja Volz-Degel setzt sich aus Vertretern von Rennvereinen, Rennställen, Gestüten, Galoppverbänden sowie Aktiven und Funktionären zusammen. Gemeinsam beleuchten sie die aktuelle Situation im Galopprennsport, um Missstände aufzudecken, Potenziale zu identifizieren und Leitlinien für einen verantwortungsvollen Umgang mit Pferden zu erarbeiten.

Der erste Austausch der 16-köpfigen Kommission im August verdeutlichte die Vielfalt der Anliegen und Sichtweisen innerhalb der Expertenrunde. Die Mitglieder, darunter namhafte Persönlichkeiten wie Dr. Monica Venner, Andrea Höngesberg und Philipp Hein, repräsentieren ein breites Spektrum an Erfahrungen und Perspektiven. Um diese Vielfalt optimal zu nutzen, hat die Kommissionsvorsitzende Nastasja Volz-Degel drei Arbeitsgruppen zu den Themen "Haltung", "Kommunikation" und "Tierschutzorganisationen" initiiert.

Nastasja Volz-Degel betont, dass es nicht nur um die Erfüllung gesetzlicher Vorgaben geht, sondern vor allem um die Sensibilisierung jedes Einzelnen für seine Verantwortung gegenüber dem Pferd. In einer Zeit, in der Tierschutz einen hohen Stellenwert genießt, ist ein vorbildlicher Umgang mit den Tieren entscheidend, um die gesellschaftliche Akzeptanz zu erhalten. Die Tierwohlkommission des Deutschen Galopprennsport-Verbandes ist daher ein wichtiger Schritt, um die Standards im Galopprennsport kontinuierlich zu verbessern und das Wohl der Pferde in den Mittelpunkt zu rücken. Denn nur durch gemeinsame Anstrengungen kann sichergestellt werden, dass der Galopprennsport nicht nur sportlich, sondern auch ethisch und tiergerecht auf höchstem Niveau stattfindet.

Ergebnisse einer Studie aus Neuseeland

Ich möchte noch auf die Ergebnisse einer interessanten Studie hinweisen: Die Studie untersuchte den Zusammenhang zwischen dem frühen Trainingsbeginn im Alter von 2 Jahren und der langfristigen Rennkarriere sowie dem Erfolg von Vollblutpferden in Neuseeland. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass Pferde, die früh im Alter von 2 Jahren trainiert und gerannt sind, signifikant längere und erfolgreichere Rennkarrieren haben, was auf mögliche positive Auswirkungen auf die muskuloskelettale Gesundheit im Laufe ihres Lebens hindeutet. Hier im Folgenden kann die Studie geöffnet werden.

Fazit

Insgesamt ist die Ausbildung von zweijährigen Vollblütern eine komplexe Angelegenheit, die eine sorgfältige Abwägung zwischen genetischen Voraussetzungen, individuellen körperlichen Merkmalen und dem richtigen Training erfordert. Die Zusammenarbeit zwischen Trainern, Arbeitsreitern und den Tierärzten ist unerlässlich, damit die Pferde nicht nur schnell, sondern auch gesund und leistungsfähig sind. Denn letztlich geht es darum, sie stark und leistungsfähig für eine erfolgreiche Zukunft zu machen, vergleichbar mit Sportlern, die als Kinder beginnen und mit Freude ihre Karriere verfolgen.

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