Was treibt Menschen an, ein Rennpferd zu besitzen?
Leidenschaft, Verantwortung – und die Frage, wie der Galopprennsport neue Herzen gewinnt.
Die Zuschauer kamen von selbst, die Besitzer ebenso. Wer etwas auf sich hielt, wer Erfolg, Stil und Emotion suchte – der fand sie auf der Rennbahn. Trainer, Züchter, Besitzer – sie alle waren Teil eines gesellschaftlichen Selbstverständnisses.
Heute ist das anders. Die Welt hat sich verändert. Freizeitangebote sind unzählig, Luxusobjekte vielfältig, Aufmerksamkeit flüchtig. Und so steht der Rennsport – wie viele Traditionsbranchen – vor der Herausforderung, sichtbar zu bleiben, neue Menschen zu erreichen und alte Faszination neu zu erzählen.
Eine Branche sucht neue Begeisterte 💬
Wer sich in der Szene bewegt, weiß: Seit Jahren wird diskutiert, wie man neue Besitzer gewinnen kann. Denn längst ist klar – an Zuschauern mangelt es dem Rennsport nicht, wohl aber an Besitzern. Die Rennbahnen sind gut besucht, doch die Zahl der Menschen, die selbst ein Pferd im Training halten, ist heute nicht mehr mit den 1970er- und 1980er-Jahren zu vergleichen.
Früher war der Rennsport gesellschaftlich gesetzt, heute konkurriert er mit einer Überfülle an Freizeit- und Lifestyle-Angeboten. Doch genau hier liegt die Chance: Der Galopprennsport hat etwas, das kein anderer Sport bietet.
Warum Menschen ein Rennpferd besitzen ❤️
Unsere Recherchen zeigen, dass es selten um Geld geht – sondern um Emotion, Verantwortung und Sinn.
Ein badischer Besitzer sagte es so:
„Ich bin angefixt geblieben – nicht wegen der Gewinne, sondern wegen der Pferde. Jedes Rennen, jedes Training, jeder Erfolg ist ein Teil von mir.“
Für Zahnärztin Britta Gollnick-Uleer, die in kurzer Zeit vom Neuling zur Großbesitzerin wurde, zählt vor allem das Persönliche:
„Unsere Herausforderung ist es, das Bestmögliche aus jedem Pferd hervorzubringen – egal ob Sieg im Ausgleich 4 oder auf Listenebene.“
Und der Vorstandsvorsitzende eines Unternehmens in der IT-Branche Stefan Hahne betont:
„Mich fasziniert das wundervolle Individuum Pferd – seine Schönheit, Athletik und der menschenbezogene Charakter.“
Für den langjährigen Besitzer und Fußballmanager Klaus Allofs ist es eine Herzensangelegenheit:
„Wir müssen den Breitensport fördern – damit auch kleine Besitzer die Chance haben, kostendeckend zu arbeiten. Rennen mit sehr guten Pferden sind noch schöner als normale Rennen.“
Und Marc Sonnenburg, Geschäftsführer der Besitzervereinigung, fasst die Aufgabe nüchtern zusammen:
„Wir müssen neue Besitzer gewinnen. Besitzergemeinschaften sind ein Weg, aber die Leidenschaft muss bleiben – auch bei Einzelbesitzern.“
Wer sind denn überhaupt die Rennpferdebesitzer? 🧠
Eine emotionale Typologie nach anerkannten Markt- und Konsumpsychologie-Modellen
Jeder, der ein Rennpferd besitzt, hat seine eigenen Beweggründe – und doch lassen sich viele davon in der Wissenschaft der Besitz- und Motivpsychologie erklären. Die folgenden Kategorien orientieren sich an etablierten Modellen aus der Marktforschung (z. B. den Archetypen nach Limbic® oder C. G. Jung) und dienen ausschließlich der Veranschaulichung typischer Motivwelten – nicht der Bewertung einzelner Menschen.
Unsere Pyramide zeigt, welche emotionalen Antriebskräfte im Galopprennsport besonders häufig vorkommen:
🧠 Pyramide der Rennpferdebesitzer
Von Dominanz/Performer an der Spitze bis Balance an der Basis. Hover oder tippe für Details.
Sie reicht von leistungsorientierten Performer-Persönlichkeiten, die Ehrgeiz, Status und Wettbewerb suchen, über Abenteurer, die Spannung, Reisen und große Erlebnisse lieben, bis hin zu Harmonisern und Traditionalisten, die Gemeinschaft, Fürsorge und kulturelle Werte schätzen.
Während der klassische Einzelbesitzer oft dem Performer-Typus entspricht – zielstrebig, erfolgsorientiert, leidenschaftlich involviert –, finden sich in modernen Besitzergemeinschaften eher Jedermann-Typen, die Freude an geteiltem Erfolg, sozialem Miteinander und gemeinsamen Erlebnissen haben.
Am unteren Ende der Pyramide stehen jene, die Stabilität, Struktur und Sinnhaftigkeit im Sport suchen – die Traditionalisten, die den Galopprennsport als Teil eines kulturellen Erbes verstehen.
Diese Vielfalt zeigt: Der Rennsport ist keine Welt für „eine Zielgruppe“, sondern vereint ganze emotionale und soziale Welten – von Leistung über Erlebnis bis zur Verbundenheit.
Eine uralte Leidenschaft im 21. Jahrhundert 🌍
In Ländern wie England, Frankreich oder Australien ist der Besitz eines Rennpferdes nicht bloß ein Hobby, sondern ein kulturelles Statement. Dort hat man verstanden, dass Begeisterung wächst, wenn man sie teilt. In Deutschland hingegen bleibt der Galoppsport oft in seiner eigenen Welt. Dabei ist die Bühne da – sie muss nur wieder mit Geschichten gefüllt werden.
Land / Region 🇬🇧🇫🇷🇩🇪 | Wahrnehmung & Kultur | Typische Besitzerprofile | Kommunikationsstil | Öffentliche Sichtbarkeit |
---|---|---|---|---|
England / Irland | Teil der nationalen Identität; „The Sport of Kings“ mit demokratischer Leidenschaft. | Alteingesessene Familien, Unternehmer, Racing-Clubs, Syndikate. | Emotional, nahbar, stark mediengetrieben (ITV, Podcasts, Dokus). | Hoch – Rennsport in Tageszeitungen, TV und Social Media fest verankert. |
Frankreich | Eleganz, Zuchtkultur, ParisLongchamp als Bühne. | Züchterfamilien, Unternehmer, Patrons. | Kulturell aufgeladen, ästhetisch, mit Fokus auf Tradition und Stil. | Mittel bis hoch – starke urbane Präsenz, besonders bei Großereignissen. |
Australien | Gemeinschaftssport mit Volksfest-Charakter. | Besitzergemeinschaften, Mittelschicht, Fans. | Locker, humorvoll, massentauglich (z. B. „The Everest“, „Melbourne Cup“). | Sehr hoch – nationale Events mit Millionenpublikum. |
Deutschland | Leidenschaftlich, aber leise. Historisch gewachsen, heute teils elitär wahrgenommen. | Einzelbesitzer, Züchter, zunehmend Besitzergemeinschaften. | Zurückhaltend, wenig Storytelling, begrenzte PR-Strukturen. | Gering – wenig TV-Präsenz, fragmentierte Social-Media-Reichweite. |
🎞️ Winston Churchill auf der Galopprennbahn Düsseldorf (1956)
Ein Stück Zeitgeschichte: Im Sommer 1956 besuchte Sir Winston Churchill die Galopprennbahn am Grafenberg, um den „Großen Preis von Düsseldorf“ zu verfolgen. Die Aufnahmen zeigen eindrucksvolle Zuschauermassen, gespannte Gesichter – und den britischen Staatsmann, wie er mit Zigarre in der Hand das Rennen beobachtet.
📊 Wie Deutschland den Galopprennsport sieht
Laut einer Nielsen-Studie interessieren sich rund 7,6 Millionen Deutsche für Galopprennen. Das sind mehr Menschen, als man erwarten würde – doch das Bild in der Öffentlichkeit ist zwiespältig.
Viele verbinden den Sport nach wie vor mit Wetten, Reichtum und Tradition, einige auch mit Sorgen um das Tierwohl. Wer sich aber intensiver mit dem Rennsport beschäftigt, erlebt ihn völlig anders: Leidenschaft, Dynamik und Spannung stehen bei den aktiven Fans im Vordergrund.
🏇 Der Rennbahnbesuch als Erlebnis
Mehr als ein Drittel der Deutschen war bereits einmal auf einer Rennbahn. Die meisten Besucher kommen, um einen besonderen Tag mit Freunden oder Familie zu verbringen – weniger wegen des Wettens, sondern wegen der Atmosphäre. Gerade das zeigt, welches Potenzial der Rennsport besitzt: Er kann Erlebnis, Tradition und Gemeinschaft verbinden – wenn er es schafft, wieder offen auf Menschen zuzugehen.
💡 Barrieren und Chancen
Viele, die noch nie auf einer Rennbahn waren, wissen schlicht nicht, was sie dort erwartet. Fehlende Sichtbarkeit, die Angst, „nicht dazuzugehören“, oder das Vorurteil, Pferderennen seien „nur etwas für Reiche“, bremsen die Neugier. Dabei ist das Gegenteil richtig: Rennbahnen sind Orte, an denen jeder willkommen ist – von der Familie bis zum Unternehmer.
📱 Sichtbarkeit und Medien
Laut Nielsen informieren sich die meisten Interessierten online, häufig über Social Media oder Websites von Rennvereinen. Klassische Medien spielen eine immer geringere Rolle. Das ist Chance und Herausforderung zugleich:
Wer heute den Galopprennsport erlebt, tut das digital zuerst – und genau dort muss die Begeisterung beginnen.
🧭 Medienpräsenz als entscheidender Hebel
Bereits vor einigen Jahren zeigte eine Roland Berger Analyse im Auftrag von Wettstar und der PMU, dass der deutsche Rennsport sein Potenzial in der öffentlichen Wahrnehmung bei Weitem nicht ausschöpft. Länder wie Frankreich setzen seit Langem auf medienwirksame Formate mit Liveübertragungen, emotionalem Storytelling und klarer digitaler Reichweite – und erreichen damit ein Millionenpublikum.
Was dort funktioniert, ist kein Geheimnis: Der Sport wird als Erlebnis inszeniert – mit Gesichtern, Emotionen und Geschichten. Nur wer den Galopprennsport sichtbar macht, kann seine Faszination teilen und neue Menschen dafür begeistern.
„Ohne Sichtbarkeit keine Begeisterung – die Magie des Vollbluts wirkt nur, wenn man sie erlebt.“
💡 Ein Aufruf an die Community
Wir möchten verstehen, was euch bewegt – im wahrsten Sinne des Wortes. Warum seid ihr Besitzer geworden? Was bedeutet das Rennpferd für euch – sportlich, emotional, menschlich?
Teilt eure Gedanken in den Kommentaren oder auf unserer Facebook-Seite. Denn nur, wenn wir die echten Beweggründe kennen, können wir den Rennsport glaubwürdig und mit Leidenschaft in die Zukunft führen.
Der Rennsport braucht keine Imagekampagne – er braucht echte Geschichten.
Und sie beginnen immer dort, wo ein Mensch sagt: „Ich habe ein Rennpferd in Training.“