30 Grad und mehr: So geht der Galopprennsport mit heißen Tagen um
Pferderennen bei Sommerhitze? Viele wundern sich – und stellen zu Recht kritische Fragen. Wir erklären, warum trotzdem gestartet wird, welche Schutzmaßnahmen heute Pflicht sind und wie wir als Rennstall mit Verantwortung handeln.
Erste Erfrischung nach dem Rennen: Ausreichend Wasser ist bei Hitze nicht nur erlaubt, sondern Pflicht – schon vor und besonders nach dem Start.
☀️ Pferderennen bei Hitze – ist das noch vertretbar?
Wenn im Sommer das Thermometer auf über 30 °C steigt, sieht man an vielen Orten leere Straßen, klimatisierte Büros und Freibäder. Und dann: Pferderennen. Galopper, die mit voller Kraft über die Bahn jagen, Reiter im Renndress, Zuschauer in der Sonne.
Für viele ein Widerspruch. Warum überhaupt veranstaltet man bei diesen Temperaturen noch Rennen?
Eine berechtigte Frage – und eine, die wir als aktiver Rennstall sehr ernst nehmen. Denn Galopprennsport ist heute viel mehr als „Tradition“ oder „Show“: Er ist verantwortungsbewusster Hochleistungssport mit hohen Standards – besonders beim Thema Tierschutz.
🔎 Was passiert im Pferdekörper bei Hitze?
Beim Rennen selbst produziert ein Galopper enorme Mengen an Wärme – die Körpertemperatur kann auf über 41 °C steigen. Normalerweise wird diese überschüssige Wärme durch Schwitzen und Atmung wieder abgegeben.
Doch bei hoher Außentemperatur und Luftfeuchtigkeit funktioniert diese Abkühlung schlechter – es drohen:
Hitzestress
Kreislaufprobleme
Dehydrierung
Im Extremfall: Hitzschlag
Deshalb gilt: Hitze ist kein Nebenthema. Sie ist ein echtes Risiko – aber auch beherrschbar, wenn man weiß, was zu tun ist.
🎧 Neue Podcastfolge: Galopprennsport in der Hitzewelle – geht das wirklich?
Pferderennen bei über 30 °C – für viele ein Widerspruch. Doch ist Galopprennsport in der Sommerhitze noch vertretbar? In dieser Folge beleuchten wir, warum trotzdem gestartet wird und welche strengen Schutzmaßnahmen heute Pflicht sind.
🎙 Jetzt reinhören und mitdiskutieren: Ist das noch verantwortbar – oder braucht es strengere Regeln?
🧊 Was wird gegen Hitzestress unternommen?
Im modernen Rennsport gibt es heute klare Standards – viele davon sind verbindlich, andere gelebte Verantwortung. Hier ein Einblick, wie wir im Rennstall Figge unsere Pferde an heißen Tagen schützen:
💧 Intensive Kühlung nach dem Rennen
Eimerweise kaltes Wasser, Schwämme, Abzieher (Schweißmesser)
Mobile Ventilatoren, die kühle Luft zirkulieren
Ziel: schnelle Wärmeabgabe – besonders an der stark beanspruchten Hinterhand
🏞️ Abkühlung vor dem Rennen: Unser Bach-Ausflug
Bei extremer Hitze unterbrechen wir das Training und gehen mit unseren Pferden zu einem nahegelegenen Naturbach. Dort kühlen sie Beine und Körper, trinken, entspannen – und erleben eine willkommene Abwechslung.
📉 Kontrolle & Überwachung
Körpertemperatur wird gemessen, vor und nach dem Rennen
Fachpersonal achtet auf Symptome wie Muskelzittern, flache Atmung oder Unruhe
Bei Verdacht auf Hitzestress wird nicht gestartet oder sofort behandelt
🎥 Was große Rennbahnen tun: Beispiele aus England
@hriracing The coolest horses at the races 😎 Wait until the end for a surprise 😉 #RoyalAscot #AscotRacecourse #Ascot @Fran_Berry ♬ original sound - Horse Racing Ireland
Im Video Cooling Racehorses in Hot Weather erklärt Amy Hawthorn von der British Horseracing Authority (BHA), wie Kühlventilatoren mit feinem Sprühnebel auf Rennbahnen wie Goodwood eingesetzt werden.
„Wir erzeugen damit ein künstlich kühles Mikroklima rund um das Pferd – so wie ein windiger Tag. Das fördert die Verdunstung, die schnellste Form der Wärmeabgabe.“
– Amy Hawthorn, BHA Veterinary Officer
Diese Technik kommt auch auf Spring- und Vielseitigkeitsturnieren zum Einsatz – mit Erfolg.
🚛 Auch der Transport ist geregelt
Was oft übersehen wird: Schon der Weg zur Bahn kann für Pferde belastend sein.
Daher gelten europaweit klare Regeln:
Max. 8 Stunden Transportzeit ohne Pause
Klimatisierte Fahrzeuge mit Belüftung im Pferdebereich
Wasser muss immer mitgeführt und angeboten werden
Reiseplanung so, dass die Abfahrt spät Abends oder Frühmorgens ist, sodass die meiste Zeit der Reise in der kühlen Dunkelheit möglich ist.
Unsere Transporter im Rennstall Figge erfüllen nicht nur diese Vorgaben – sie gehen darüber hinaus: mit temperaturgeregelter Belüftung, rutschfestem Boden, stabiler Innenraumaufteilung und geschultem Fahrpersonal.
🐴 Was passiert bei zu großer Hitze?
In einigen Ländern wie Großbritannien und Australien gibt es definierte Schwellenwerte:
Ab ca. 30 °C: Zusatzmaßnahmen greifen
Ab 35 °C: Überprüfung, ggf. Absage einzelner Rennen oder ganzer Meetings
Bewertet wird nicht nur die Temperatur, sondern auch:
Luftfeuchtigkeit
Wind
Beschattung
Anreiseweg
Wichtig: Entscheidungen trifft nicht der Veranstalter allein, sondern in Abstimmung mit Tierärzten, Offiziellen und Rennleitung.
🧠 „Aber kann ein Pferd überhaupt sagen, dass ihm zu heiß ist?“
Nicht mit Worten – aber mit deutlichen Signalen:
Flache Atmung
Muskelzittern
Teilnahmslosigkeit
Unruhe oder „Wackeligkeit“
Wir als Stallteam sind dafür ausgebildet, das früh zu erkennen – und rechtzeitig zu handeln.
🔬 Andere Pferdesportarten? Gleiches Problem.
Auch Springen, Dressur und Vielseitigkeit kämpfen mit der Sommerhitze. Internationale Richtlinien empfehlen:
Training nur nach vorheriger Hitze-Akklimatisation
Pre-Cooling (also vorheriges Abkühlen) vor anspruchsvollen Ritten
Bewertung der Bedingungen mit dem WBGT-Wert (statt nur Thermometer)
Das Ziel ist überall dasselbe: Sicherheit geht vor Prestige.
🏁 Fazit: Galopprennsport bei 30 °C? Nur mit Verantwortung.
Wir verstehen den kritischen Blick – und begrüßen ihn.
Aber Galopprennsport heute ist nicht mehr wie vor 30 Jahren. Es ist ein kontrollierter, von Fachwissen geprägter Sport, in dem Tierschutz und Leistung kein Widerspruch sein müssen.
📣 Deine Meinung ist gefragt!
Was denkst du: Sollte bei Hitze komplett pausiert werden? Reichen die Maßnahmen aus?
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